Maischegärung
Lesestoff aus dem Weingut rebstoff
November 2024
von Dr. Wolfgang Gerner
Über die vergangenen Wochen wurde es in Jochens Keller in Stetten voller und voller, neben dem appetitlich fruchtigen Geruch in der Luft, blubbert es aus den Gärröhrchen, die auf den Deckeln der Tanks sitzen. Dazwischen unsere beiden Chargen, die zwischenzeitlich gepresst wurden. Rotwein durchläuft typischerweise die sogenannte Maischegärung, ein Prozess, bei dem vornehmlich Farbstoffe aus den Beerenhäuten und Gerbstoff aus Kernen und Stilen extrahiert werden und in die Maische übergehen, ein vornehmer Ausdruck für jenen Matsch aus Traubensaft, Schalen und Kämmen.
Unser Rotwein besticht mit präzisen und eleganten Fruchtaromen, die geschmacklich gut zu differenzieren sind. Das ist kein Zufall. Sondern Ergebnis der Weinbereitung, bei der wir, neben der typischen Maischegärung auch mit der Macération carbonique arbeiten. Dabei werden zu angequetschten Trauben auch ganze, unversehrte Trauben in den Gärtank gegeben und unter eine CO2-Atmosphäre gebracht. Zu Beginn mit Trockeneis, später mit CO2 aus der Flasche. In den unversehrten Trauben wird es zu einer intrazellulären Gärung kommen, bei der eine geringe Menge Alkohol entsteht. Dieser Vorgang führt zu einem Aufplatzen der Trauben, wenn diese nicht bereits unter dem Gewicht der anderen aufgesprungen sind. Weine die ausschließlich mit der Macération carbonique gekeltert wurden, sind fruchtig, leicht und können jung getrunken werden. Mittels der verschiedenen Techniken gelingt es uns, einen Wein zu keltern, der reintönige und klare Fruchtaromen präsentiert. Reife Gerbstoffe ermöglichen eine Lagerfähigkeit, in der sich der rebstoff im Rahmen der tertiären Reifung weiterentwickelt: Körper und Komplexität nehmen zu, der Wein altert würdevoll.